Rückblick Online-Fachtagung Kita- und Schulverpflegung
Mahlzeit = Bildungszeit

Bildschirmansicht: 7 Personen in jeweils einem eigenen Fenster

Die Fachtagung Kita- und Schulverpflegung 2022 fand dieses Jahr als Kooperation der drei Vernetzungsstellen Kita- und Schulverpflegung Mittelfranken, Oberfranken und Oberpfalz der Sachgebiete Gemeinschaftsverpflegung der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Fürth-Uffenheim, Bayreuth-Münchberg und Regensburg-Schwandorf statt.

Am 14. Juli 2022 tauschten sich knapp 70 Teilnehmer und Teilnehmerinnen virtuell zum Thema "Mahlzeit = Bildungszeit" aus. Drei spannende Vorträge sowie ein interaktiver Fachbeitrag leuchteten Aspekte der Ernährungsbildung beim gemeinsamen Essen und Trinken in Kita und Schule aus.

Aktuelles

Christina Apel, Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Oberpfalz begrüßte die Teilnehmer und Teilnehmerinnen und unterstrich die Bedeutung des Themas als Chance, Kinder von klein auf an gesunde Ernährung heranzuführen und das gemeinsame Essen zu einem Wohlfühlerlebnis zu machen. Wilma Bröker, Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Mittelfranken, stellte Aktuelles aus den Vernetzungsstellen vor. Schwerpunkte sind das Coaching auf Basis der neuen Bayerischen Leitlinien Kita- und Schulverpflegung.

Coaching

Ein Schuljahr lang haben Einrichtungen und Schulen die Möglichkeit, durch die individuelle Begleitung gemeinsam mit den Coaches passgenaue Lösungen zu entwickeln. Weitere Workshops und Materialien zu den vier Leitgedanken Gesundheit, Wertschätzung, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit werden zudem bereitgestellt. Alle Maßnahmen zielen darauf ab, Unterstützung für ein nachhaltiges, gesundes und attraktives Angebot zu leisten. Susanne Dobelke, Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Oberfranken, moderierte im Anschluss durch das Programm des Nachmittags.

Mädchen an Essenstisch mit mehreren Kindern hält sich Gurkenscheiben vor Augen.

© Oksana Kuzmina - stock.adobe.com

Spannende Fachvorträge
Im ersten Fachvortrag "Alles veggie oder was? – Wie Kinder ticken und essen …" stellte Ingo Barlovic, iconkids & youth international research GmbH, München neue Umfrageergebnisse zu prägenden Aspekten des Ernährungsverhaltens von Kindern und Jugendlichen vor. Beim Thema Nachhaltigkeit beeinflussen vor allem starke bildhafte Eindrücke wie zum Beispiel Plastikberge die Bedeutung für die Zielgruppe. Eine vegetarische Ernährungsweise kommt dabei bislang bei Kindern noch eher selten vor, steigt aber mit dem Alter an.

Die Top 5 der beliebtesten Gerichte der 6- bis 19-Jährigen sind entsprechend vielfältig:

  1. Nudeln
  2. Obst
  3. Geflügel
  4. Gemüse
  5. Wurst/Schinken

Zum Thema Mittagsverpflegung verzeichnete Ingo Balovic eine erfreuliche Entwicklung: Von 685 befragten Kindern im Alter von 6 bis 13 Jahren bewerteten diese ihr Schulessen überwiegend positiv, sowohl in Bezug auf den Geschmack als auch auf das Aussehen und den Geruch.

Überblick der Angebote zur Ernährungsbildung

Einen umfassenden Überblick über die Angebote zur Ernährungsbildung in Bayern sowie bundesweit vermittelte Uta Ehrck, Diplom-Ökotrophologin, Heroldsberg. Sie informierte über Maßnahmen, Fort- und Weiterbildungen für Kitas, Grundschulen und weiterführende Schulen bis zur 10. Klasse.

Neben dem Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) und den Verbraucherzentralen liefern auch Stiftungen wie die Sarah-Wiener-Stiftung, Stiftung Kindergesundheit und BayWa Stiftung mit teilweise kostenfreien Fortbildungen oder Aktionen einen erheblichen Beitrag zum Portfolio. Kommerzielle Anbieter ergänzen regionale und überregionale Maßnahmen. Auch über das umfangreiche Angebot für Familien mit Kindern, sowie gezielt für Kitas und Schulen von den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wurde in der anschließenden Diskussion gesprochen.

Gekochte Linsen, Brokkoli- und Blumenkohlstücke auf Teller
Blick aus der Praxis
Sibylle Wilma, Geschäftsführerin Brot & Spiele Catering, Postbauer-Heng brachte anschließend den Blick aus der Praxis mit ein. Sie hob die gesundheitsfördernden Vorteile von Vollkorn, Fisch und Hülsenfrüchten hervor und beschrieb die Herausforderung, diese in der Praxis "an das Kind zu bringen". Nicht selten besteht noch immer eine Diskrepanz zu dem, was Kinder gerne essen, beispielsweise empfinden diese Hülsenfrüchte häufig als "mehlig" oder "uncool".

In der Praxis bewährt sich daher das langsame "Einschleichen", indem zum Beispiel Kichererbsen beim Gemüsecurry zunächst nur als Topping und mit der Zeit in größeren Anteilen im Rezept eingesetzt werden. Zudem sollten unterschiedliche Kulturen und Familienkulturen unbedingt als Chancen verstanden und neue Gerichte getreu dem Motto „Ich muss es nicht essen, aber ich darf!“ mit der nötigen Portion Geduld eingeführt werden. Sibylle Wilma resümierte, dass mit einer positiven Grundhaltung, einigen Tricks, der Weitergabe von Informationen sowie durch die Anerkennung von Wünschen, die wichtigsten Voraussetzungen für gutes Gelingen erfüllt sind.

"Wohl bekomm's! Mahlzeiten in Krippe, Kita und Schule entwicklungsgerecht und kultursensibel begleiten"

So lautete das Thema des Interaktionsvortrags von Kariane Höhn, Dipl. Sozialpädagogin und Fachreferentin frühkindliche Bildung, Tübingen. Sie blickte auf die W-Fragen: was wir wann, wo, mit wem und wie essen und welche Lebensmittel im Angebot sind. Dabei beleuchtete sie Aspekte rund um das Thema Mahlzeiten, die immerhin 20 % der Anwesenheitszeit in der Kita ausmachen. Unter anderem stellte sie die Esstypen vor, die die Zusammensetzung der Tischgemeinschaft maßgeblich prägen.

Unbekanntes akzeptieren

Weiterhin vertiefte sie Prinzipien, mit denen noch Unbekanntes erfolgreich akzeptiert werden kann. Dazu gehört zum Beispiel das Separieren von Komponenten, um Neues stressreduziert und in Ruhe ausprobieren zu können. Insgesamt stellen das Wissen um die Essgeschichten und der Respekt für diese den Schlüssel für das Gelingen von Essen und Trinken dar. Die Tagungsteilnehmer/innen erfuhren in Kariane Höhns Beitrag nicht nur Hintergrundinformationen, sondern konnten auch Erfahrungen und individuelle Ess-Lern-Geschichten austauschen.

Fazit

Gemeinsame Mahlzeiten in Kita und Schule umfassen mehr als die reine Aufnahme von Nährstoffen und Energie. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen findet gleichzeitig die Vermittlung von wichtigen Sozial- und Alltagskompetenzen statt. In ihrem Fazit bedankte sich Susanne Dobelke bei allen Teilnehmern und Teilnehmerinnen, Referenten und Referentinnen sowie allen Organisatorinnen für ihren Beitrag zum guten Gelingen dieser abwechslungsreichen Veranstaltung.

Tagungsunterlagen für die Teilnehmer und Teilnehmerinnen

Die Vorträge der Referenten und Referentinnen sowie Materialien und weiterführende Informationen sind bis zum 31.08.2022 in der Cloud verfügbar.

Rückblick

Fachtagung 2021

Genießen mit Verantwortung - nachhaltige Kita- und Schulverpflegung

Das Essen soll schmecken. Gleichzeitig geht es bei Lebensmitteln und der Verpflegung darum, verantwortungsvoll mit Klima und Ressourcen umzugehen. Aus dieser Motivation heraus veranstalteten die Vernetzungsstellen für Kita- und Schulverpflegung am 7. Juli 2021 ihre erste bayernweite Online-Fachtagung.
Knapp 700 Akteure aus der Kita- und Schulverpflegung waren dabei. Angelika Reiter-Nüssle, Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, begrüßte sie und betonte: "Nachhaltige Ernährung ist für unsere Gesundheit und den Klimaschutz wichtig. Ansatzpunkte gibt es von der landwirtschaftlichen Produktion über die Wertschöpfungskette bis auf den Teller. Dabei werde jeder seinen Weg machen – der eine ist noch am Anfang, der andere ist jetzt schon weiter – ein wenig gehe immer.
Das Ernährungsministerium unterstützt die Gemeinschaftsverpflegung darin, regionale und ökologische Produkte in ihr Angebot zu integrieren. Gemäß eines Ministerrats­beschlusses muss bis zum Jahr 2025 der Wareneinsatz in staatlichen Gemeinschaftsverpflegungs-Einrichtungen zu 50 % aus regionalen und teilweise auch biologischen Lebensmitteln sein. Bis 2030 sollen öffentliche Einrichtungen also auch Kitas und Schulen folgen.
Aktuelles aus der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Bayern
Susanne Dobelke, Vertreterin der bayerischen Vernetzungsstellen Kita- und Schulverpflegung, stellte die Angebote der Vernetzungsstellen vor. Ein Schwerpunkt ist es, mit Hilfe der "Bayerischen Leitlinien Kita- und Schulverpflegung" eine gesundheitsförderliche, nachhaltige Verpflegung in Kitas und Schulen zu verankern. Die Leitlinien beinhalten vier Leitgedanken: Gesundheit, Wertschätzung, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit. Ein Hilfsmittel für die Umsetzung bietet z. B. die Online-Plattform RegioVerpflegung: Sie ermöglicht es Speisenanbietern in der Kita- und Schulverpflegung, Erzeuger, Verarbeiter oder Händler in ihrer Region zu finden und sich zu vernetzen.
Redner der Fachtagung

Rainer Roehl

Hauptvortrag: Was braucht die Welt? Was will das Kind? Was kann die Küche?
Hauptreferent Rainer Roehl von a`verdis zeigte auf, dass die Ansprüche von Kindern, Schülern und Eltern an die Verpflegung detaillierter und vielschichtiger werden. Sie fordern häufiger vegetarische und vegane Angebote, interessieren sich verstärkt für die ökologische Qualität und Herkunft der eingesetzten Lebensmittel und wollen auch beim Essen etwas für den Klima- und Ressourcenschutz tun, ohne dabei auf Genuss zu verzichten. Für die Küchen wird es also nicht einfacher, vor allem dann nicht, wenn zwar mehr Qualität gefordert wird, die Zahlungsbereitschaft dafür aber nicht steigt. Seine zentrale Frage lautete: “Wie lassen sich höhere gesundheitliche und ökologische Qualitätsstandards umsetzen, ohne den Genuss und ohne die Wirtschaftlichkeit zu vernachlässigen?“

Er machte anhand von fünf Stellschrauben deutlich, wie die praktische Umsetzung der Anforderungen gelingen kann, nämlich durch:

  • Rezept- und Speisenplangestaltung: deutlich stärker pflanzenbasiert, weniger Fleisch
  • Lebensmittelauswahl und -einkauf: regional, ökologisch, fair
  • Ausstattung und Technik: CO2-Reduktion durch Ökostrom
  • Strukturen und Prozesse: Lebensmittel- und Speisereste kontinuierlich prüfen und reduzieren
  • Interne und externe Kommunikation: Küchen- und Serviceteam entwickeln und weiterbilden

Er stellte aber auch klar, dass das Elternhaus neben Kita und Schule in Sachen nachhaltiger Verpflegung mitgefordert sei.

Expertengespräch: Lebensmittelabfälle reduzieren
Veronique Germscheid von der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Schwaben stellte Studien dazu vor. Demnach fallen in Deutschland entlang der Lebensmittelversorgungskette – also auf dem Weg eines Lebensmittels vom Landwirt bis zum Teller - rund zwölf Millionen Tonnen Lebensmittelabfälle pro Jahr an. Speiseabfälle bestehen aus Speiseresten, die v.a. bei der Essensausgabe oder als Tellerreste der Kinder/Schüler entstehen. Bei Analysen zeigen sich vermeidbare Speiseabfälle, z. B. Überproduktion, subjektive Präferenzen einzelner Gäste sowie noch verzehrbare Tellerreste.

Um Lebensmittelabfälle zu reduzieren, muss die ganze Schul- und Kitafamilie mitgenommen und aktiv beteiligt werden. Die Messung von Lebensmittelabfällen ist hierbei eine einfache Methode, um Einsparpotenziale zu erkennen. Der Aufwand lohnt sich, birgt eine Messung doch die Möglichkeit, Kosten für Einkauf, Entsorgung, sowie für unnötig erbrachte Arbeitsleistungen einzusparen. Aus der Praxis berichtete hier für den Kitabereich Kerstin Schumacher, Nachhaltigkeitsbeauftragte des AWO-Kinderhauses München. Sie konnte die Ergebnisse der Studien bestätigen. Am wichtigsten, um die Lebensmittelreste zu reduzieren, sei die Kommunikation und Rückmeldung zu den Portionsgrößen und Vorlieben der Kinder.

Den Kindern werden auch Wahlmöglichkeiten angeboten. Bereits die Kleinsten dürfen am Buffet unterschiedliche Einzel-Komponenten in kleinen Mengen selbst auswählen und bekommen gegebenenfalls Nachschlag. Eintöpfe und Aufläufe verursachen erfahrungsgemäß große Tellerreste und werden eher selten angeboten. Ein grob vorgegebener 4-Wochen-Speiseplan wird flexibel angepasst an die Vorlieben der Kinder und auch hinsichtlich saisonaler Lebensmittel. Durch Einbindung der Kinder wird so die Wertschätzung für Lebensmittel erhöht. Auch das Thema "pädagogischer Happen" spielt hierbei eine wichtige Rolle.

Speisenanbieter Martin Albrecht schafft es bei ca. 5000 Essen täglich nahe an den Kundenwünschen zu sein und somit Lebensmittelreste zu vermeiden. Sein 6-Wochen-Speiseplan wird immer wieder auf Akzeptanz überprüft. Ein Feedbacksystem ermöglicht direkte Rückmeldung an den Caterer. Neue Gerichte werden erst in den Speiseplan mit aufgenommen, wenn sie als Testgerichte in einzelnen Einrichtungen ausprobiert und gut angenommen wurden. Auch er bestätigt, dass eher einfache Gerichte mit Einzelkomponenten bessere Akzeptanz erzielen und somit weniger Tellerreste entstehen. Gerade bei fleischlosen Gerichten ist die Akzeptanz im Schulbereich niedriger. Hier gibt es aus seiner Erfahrung häufig unterschiedliche Vorlieben von Schul- und Kitakindern.

Appetit auf Nachhaltigkeit: Vorstellung und Einführung neuer Gerichte
Martina Fink von der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung Oberbayern Ost informierte über Hülsenfrüchte. Diese sind aufgrund ihrer Pflanzeneiweiße, Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe gesundheitsförderlich und ein idealer Fleischersatz z. B. bei vegetarischer Ernährung. Durch erhöhten Verzehr dieser reduzieren sich die Treibhausgas-Emissionen um ein Vielfaches. Somit sind Hülsenfrüchte auch unter ökologischen, nachhaltigen Aspekten sehr wertvoll. Appetit auf Nachhaltigkeit machte Michael Müller, Küchenleiter der Waldorfeinrichtungen Würzburg. Er präsentierte live praxiserprobte Rezepte aus seiner Kita- und Schulküche am Kochwagen für Schulen.

Dieser Kochwagen kann auch von Schulen ausgeliehen werden, um praktisch im Unterricht kochen zu können, ohne eine eigene Schulküche vor Ort zu haben. Auf der Basis von Hülsenfrüchten wurden attraktive Brownies, Wraps, Burger und Gemüsecurry mit Reis vorgeführt. Diskutiert wurden die Umsetzbarkeit und Akzeptanz von Gerichten mit Hülsenfrüchten (Tipp: Gewürze großzügig einsetzen!) bei Kindern und Jugendlichen.

Pädagogin Christiane Klimsa vom Referat für Bildung und Sport der Landeshauptstadt München zeigte auf, wie die Einführung neuer Speisen pädagogisch begleitet werden kann. Beispielsweise können Projekte, bei denen Gemüse und Hülsenfrüchte selbst im Schulgarten angepflanzt oder im Klassenzimmer gemeinsam gekocht werden, die Einführung neuer Gerichte und damit die Wertschätzung für Lebensmittel erhöhen.

Ideen nutzen
Gisela Schaelow von der Vernetzungsstelle in Oberbayern West moderierte durch die Tagung und resümierte abschließend: "Nachhaltige Verpflegung hat Zukunft! Nutzen Sie die aufgezeigten Ideen und Anregungen und beginnen Sie mutig ein 'Genießen mit Verantwortung' in Ihrer Kita und Schule!"
Veranstalter
Die Fachtagung veranstalteten die Sachgebiete Gemeinschaftsverpflegung der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Augsburg, Abensberg-Landshut, Bayreuth-Münchberg, Ebersberg-Erding, Fürstenfeldbruck, Fürth-Uffenheim, Kitzingen-Würzburg und Regensburg-Schwandorf.